Die farbigen Funken, die den Himmel am 31. Dezember zierten, sind längst erloschen, und das Geschenkpapier und die weihnachtliche Dekoration wurden nach dem Motto «Aus den Augen, aus dem Sinn» sorgfältig auf dem Dachboden verstaut. Auf manchen Sarganser Dachböden blitzt ohne Zweifel, vielleicht unter einer dicken Staubschicht, das goldgelbe Messing einer Trompete oder Posaune durch, die von ehemaligen Mitgliedern der Guggenmusik Schlosstätscher versorgt wurde.
Einmal Mitglied, immer Mitglied
Die ehemaligen Mitglieder durften ihre Instrumente letzten September vom Staub befreien. Dies aus einem nicht sonderlich fröhlichen Anlass: Der 1987 gegründete Verein hat nach fast 40-jährigem Bestehen seine Auflösung bekannt gegeben und wird dieses Jahr ein letztes Mal auf Tour gehen, wie Flavia Müller, Präsidentin der Schlosstätscher, bestätigt.
Für die letzte Saison haben sich die Schlosstätscher dazu entschlossen, die ehemaligen Guggnerinnen und Guggner des Vereins in die Tour miteinzubeziehen. Mit dem Zuwachs der Ehemaligen steigt die Anzahl der Mitglieder von 24 auf 45. «So anders wie die Schlosstätscher sind, so speziell soll der Abschied werden», so Müller. An dieser Fasnacht wird sich ein Bild von Jung und Alt zeigen, ein Bild von verschiedenen Generationen, die trotz des Altersunterschiedes die gleiche Passion teilen: die der Guggenmusik. Dass so viele mitmachen, freut die Präsidentin sehr. «Die Ehemaligen sind wirklich engagiert und Feuer und Flamme für die Guggenmusik.»
Müller selbst ist seit 2016 Teil der Guggenmusik Schlosstätscher; sie wurde von einer Freundin überzeugt mitzumachen. Damals konnte die Posaunistin noch kein Instrument spielen, geschweige denn Noten lesen. Die vielen Proben und die Unterstützung der anderen Mitglieder seien eine enorme Hilfe für sie gewesen. Aufgrund der geforderten Anwesenheit bei Proben, Versammlungen und Auftritten ist es ein zeitintensives Hobby. Dies nimmt man jedoch gerne in Kauf, um Teil der Gemeinschaft zu sein.
Immer weniger Mitglieder
Auf die Frage, warum die Guggenmusik keinen anderen Weg gefunden habe als den Verein aufzulösen, sagt Müller: «Es hat sich in den letzten Jahren immer mehr abgezeichnet, dass die Suche nach Nachwuchs zunehmend zur Herausforderung wird. Die Coronazeit hat sicherlich auch nicht zur Begünstigung der aktuellen Lage beigetragen. Zusätzlich haben gut die Hälfte der Mitglieder an der letzten HV bekanntgegeben, dass sie höchstwahrscheinlich nur noch diese Saison als aktives Vereinsmitglied mitspielen werden.» Dem Verein war es daher ein grosses Anliegen, nicht stillschweigend von der Bildfläche zu verschwinden, sondern sich «in ehrwürdiger Tätschermanier» mit einem Knall von der Bühne zu verabschieden.
Fusion war eine Option
Eine Möglichkeit, das Fortbestehen der Schlosstätscher zu sichern, wäre eine Fusion mit einer der anderen Guggenmusik gewesen. Diese Option sei den Mitgliedern vom Vorstand vorgeschlagen worden. «Der Verein hat eine Fusionierung als relativ schwierig empfunden, da es sich der Grossteil aufgrund der emotionalen Bindung zum Verein und Vereinsnamen nicht vorstellen konnte.» Für viele ist es laut Müller nicht nur die letzte Saison als Mitglied der Schlosstätscher, sondern die letzte Saison überhaupt in einer Guggenmusik. Es gibt vielleicht einige, die mit dem Gedanken spielen, sich einer anderen Guggenmusik anzuschliessen.
Müller hat sich noch nicht entschieden, ob sie die Fasnacht künftig «nur» als Zuschauerin verfolgen oder als Mitglied eines anderen Vereins verbringen möchte. «Das Musizieren mit meinen Kolleginnen und Kollegen hat mir sehr viel Spass gemacht, und das tut es immer noch. Ich habe viele neue Menschen kennengelernt, die Teil meines Lebens bleiben.»
Der letzte erste und erste letzte Auftritt
Die Schlosstätscher werden unter dem Motto «Top Gun» ihre letzte Saison antreten. Aufgrund der Auflösung werden die Kostüme vom letzten Jahr beibehalten. Für die Ehemaligen wurden ebenfalls Top-Gun-Kostüme organisiert. Eine Idee für die nach der Saison übrig gebliebenen finanziellen Mittel ist laut Müller eine Investition in ein schönes Abschlussfest.
Seit vergangenem Samstg und noch bis am 25. Februar ist der Verein an jedem Wochenende unterwegs. Wer die Schlosstätscher in der Region spielen hören möchte, darf den Nachtumzug der Städtlifasnacht am 17. Februar nicht verpassen. Nach etlichen Konzerten, Proben und Umzügen geht mit dem Auftritt an der Wartauer Fasnacht am 25. Februar in Trübbach eine langjährige Geschichte zu Ende. Ein öffentliches Abschiedsfest wird es nicht geben, bestätigt Müller.
Auch wenn die Ära der Schlosstätscher bald endet, werden sie, anders als die verschollenen Instrumente, in Erinnerung bleiben. Kein Estrich, kein Staub: Sie bleiben unvergessen.