Bereits in jungen Jahren habe sie viele Menschen fotografiert, hauptsächlich ihre Freunde, sagt die Jeninserin. In ihrer Jugend kamen dann neben dem Fotografieren auch noch die bewegten Bilder dazu. «Mit meinem Konfirmationsgeld habe ich mir unter anderem einen Sony-Camcorder gekauft und angefangen, Filme zu drehen und zu schneiden. Mein Camcorder war neben meiner Digitalkamera immer dabei.»
«Es war noch nie so leicht, etwas Neues zu lernen»

Faszination der authentischen Momente
Die Kreative filmte alltägliche Erlebnisse mit Freunden und schnitt ein Video aus Aufnahmen mit einem guten Kindheitsfreund zusammen. An dieses Video erinnert sich Eberhard noch heute gerne. «Es hiess ‘Childhood Video’ und bekam über 300 000 Klicks, weil es so authentisch war.» Leider sei der Account später gelöscht worden und sie habe das Video aus Rücksicht auf die Privatsphäre des Jungen nicht erneut hochgeladen. Doch die Erinnerung an ihren ersten viralen Hit sei ihr geblieben. «Die Faszination für authentische Fotos und Videos, die das Leben einfangen, war also schon immer da. Ich finde es spannend, Momente festzuhalten und sie später erneut anzuschauen.» Unverfälschte Aufnahmen, die nahe an der Realität sind, lassen das Herz von Sonja Eberhard höherschlagen. «Ein perfektes Bild ist für mich eines, das die Person so zeigt, wie sie wirklich ist. Ich mag ausserdem Fotos, die nicht perfekt belichtet sind – das verleiht ihnen eine gewisse Dynamik und Authentizität.»
Moduswechsel hinter der Kamera
Und es stimmt: Oft sind es charismatische Persönlichkeiten, die Eberhard vor ihre Linse lockt. Mal draussen in der Natur, mal in ihrem Fotostudio an der Bahnhofstrasse in Landquart. Man könnte also mit gutem Gewissen behaupten, dass sie mit dem Porträtieren von Menschen ihre Nische gefunden hat. Sie sagt, mit der Zeit entwickle man ein gutes Gespür für Menschen. Das Fotografieren habe sie auch als Mensch wachsen lassen. «Obwohl ich von Natur aus eher introvertiert bin, wechsle ich beim Fotografieren in einen extrovertierten Modus. Manche Leute fühlen sich unsicher oder wissen nicht, wie sie vor der Kamera wirken. Das bemerke ich schnell und lockere die Situation mit ein paar lockeren Sprüchen auf.» Das scheint zu funktionieren. «Egal, ob Banker, Politiker oder Bauer – ich behandle alle gleich und spreche sie immer per Du an.» Das Fotografieren, das bei ihr als Spass und Leidenschaft angefangen habe, sei mittlerweile auch beruflich relevant geworden. «Schon als Teenager habe ich die Lehre als Fotofachfrau gemacht. Es war für mich immer klar, dass ich eines Tages ein eigenes Fotostudio haben und mich zumindest teilweise selbstständig machen möchte.»

Wollen statt müssen
Neben dem Fotografieren arbeitet Sonja Eberhard in Chur bei GameLife, da Gaming schon immer ein Hobby von ihr gewesen sei. Die Arbeit im Laden biete ihr finanzielle Sicherheit und sei gleichzeitig eine Leidenschaft. Wenn es anders wäre, würde ihr die Abwechslung im Berufsalltag fehlen. «Ich brauche die Routine und die Teamarbeit im Laden.» Auch wenn sie inzwischen komplett vom Fotografieren leben könnte, wolle sie das gar nicht. Denn das würde bedeuten, dass sie auch Aufträge annehmen müsste, die sie vielleicht gar nicht machen will. «So, wie ich jetzt arbeite, habe ich die Freiheit, selbst zu entscheiden, welche Projekte ich annehme. Es muss schliesslich auch zwischenmenschlich passen, und ich habe das Gefühl, dass ich genau die richtigen Kunden anziehe – Menschen, die wirklich zu mir passen.» Sicher auch eine Unterstützungshilfe bei dieser Entscheidung sei der Fakt gewesen, dass der Beruf als Fotograf nicht geschützt sei und jeder ihn ausüben könne. Das habe Vor- und Nachteile. «Meine Ausbildung ist zwar lange her und ich würde behaupten, Hobbyfotografen können genau so gut sein, vielleicht sogar besser.» Auf die Erfahrung komme es an, doch Eberhard beobachtet noch etwas anderes auf dem Markt, was ihr Kopfzerbrechen bereitet: «Fotografieren sollte nie komplett gratis sein. Leider gibt es zu viele Fotografen, welche alles gratis anbieten. Auch wenn es eine Leidenschaft ist, sollte es einen Wert haben, wenn man eine Dienstleistung anbietet.»
Experimentieren und Spass haben
Auch wenn sie gerne an die guten, alten Zeiten zurückdenke, auch die neuen Möglichkeiten schaffen es, die 36-Jährige zu begeistern. «Was man allein mit einem Smartphone machen kann, ist beeindruckend! Aber für mich geht es nicht darum, womit man fotografiert, sondern darum, wie man die Emotionen und den natürlichen Moment einfängt.» Sie möge natürliche Menschen und echte, ungezwungene Emotionen. Wenn man gerade anfange, sich mit der Kamera auszuprobieren, genüge zum Start etwas einfachere technische Ausrüstung. «Mein Tipp ist, mit dem Smartphone anzufangen und verschiedene Perspektiven auszuprobieren.» Ihre Erfahrung habe gezeigt, dass man irgendwann mit dem Handy an die Grenzen stosse. Dann empfehle sie, sich eine kompakte Systemkamera anzuschaffen und einfach zu experimentieren. «Es war noch nie so leicht, etwas Neues zu lernen – und das ganz ohne Kosten. Der wichtigste Tipp ist, Spass zu haben und Neues auszuprobieren. Man lernt ständig dazu, und die Möglichkeiten sind unendlich.»